Das Übergangsstockwerk
Die exotische Welt des Permokarbons
Im Zeitraum von 330 Millionen Jahren bis 260 Millionen Jahren fand eine neue Phase der Gesteinsbildung statt. Dieser Zeitabschnitt wird als Permokarbon bezeichnet und umfasst vor allem das Oberkarbon sowie das Rotliegend als unteren Teil des Perms. Jetzt entstanden keine metamorphen Gesteine mehr, stattdessen lagerten sich mächtige Abfolgen von sedimentären und vulkanischen Gesteinen ab. Besonders beeindruckend sind die Überreste riesiger Vulkane, die damals in Sachsen aktiv waren. Die Sedimente bildeten sich überwiegend in einem terrestrischen Milieu aus dem Abtragungsschutt des variszischen Gebirges oder der vulkanischen Auswurfprodukte und werden als Molasse bezeichnet. Sie lagern diskordant auf den älteren Gesteinen des Grundgebirges, was verdeutlicht, dass sie überwiegend nach dem Ende der Gebirgsbildungsprozesse entstanden. Sie sind heute in Becken erhalten und bilden das Verbindungsglied zu den großräumig abgelagerten Sedimenten des Deckgebirges. Sie werden deshalb als Übergangsstockwerk bezeichnet.
Fachartikel über diesen Zeitabschnitt haben Schneider und Gebhardt (1993) und Schneider und Romer (2010) verfasst.
Die Phasen der Gesteinsbildung im Übergangsstockwerk
Die Entstehung der permokarbonen Gesteine fand in vier Phasen statt:
Diese Phase stellt den kontinuierlichen Übergang von der synorogenen marinen Sedimentation in die terrestrische Molassesedimentation dar. Die Frühmolasse entstand im Unterkarbon bereits während der Spätphase der variszischen Gebirgsbildung, als die marinen Ablagerungsräume durch Trübeströme mit Sediment aufgefüllt wurden und verlandeten. Es entstanden Konglomerate und Sandsteine in fluviatilen Ablagerungsräumen, aber auch Deltafächer und Moorsedimente mit Kohleflözchen. Relikte der Frühmolassen sind in den Becken von Hainichen, Delitzsch und Doberlug-Torgau erhalten.
Der verdickte orogene Keil des variszischen Gebirges hatte zum Ende der Gebirgsbildung einen erhöhten Auftrieb sowie eine erhöhte potentielle Energie gegenüber seinem Vorland. Deshalb wurde er durch isostatische Ausgleichsbewegungen zu einem Gebirge herausgehoben. Es wurde aber auch Masse in das Vorland abtransportiert. Das konnte entlang von Abschiebungen durch gravitatives Zergleiten sowie durch Erosion und Sedimenttransport geschehen. Durch die Kopplung aller Prozesse bildeten sich Molassebecken, die mit dem Abtragungsschutt des Gebirges gefüllt wurden. Die Drainagesysteme aus dem variszischen Gebirge reichten bis ins Vorland, und sedimentierten Delta-, Fluss- und Auenablagerungen. Auch in intramontane Becken wurde der Abtragungsschutt des Gebirges geschüttet. Sedimente aus dieser Phase sind im Zwickau-Oelsnitz-, Flöha-, Olbernhau-Brandov-Becken, im nördlichen Saale-Becken sowie im Niederlausitz-Becken anzutreffen.
Auch thermisch musste der Energiehaushalt des Gebirges ausgeglichen werden, denn bei der Deckenstapelung und Subduktion waren kühle Gesteine in große Tiefen versenkt worden. Dadurch hatte sich eine negative Temperaturanomalie ausgebildet, welche mit niedrigen geothermischen Gradienten assoziiert war. In diesem kühlen geothermischen Regime konnten leicht schmelzbare Gesteine in große Tiefen gelangen, ohne ihre Schmelztemperatur zu erreichen. Mit dem Ende der Kollision und Subduktion wurde die negative Temperaturanomalie durch Wärmeleitung aus dem Erdinneren ausgeglichen, der geothermische Gradient stieg an, sodass tief versenkte Gesteine plötzlich ihre Schmelztemperatur überschritten. Es kam vor ca. 315 – 310 Millionen Jahren zu post-kollisionalem Magmatismus, welcher eine typische Erscheinung am Ende jeder Gebirgsbildung ist. Neben den Granitplutonen, die in das Grundgebirgsstockwerk intrudierten, bildeten sich Vulkane, die im Osterzgebirge erhalten sind: Die Teplice- und die Tharandt-Caldera.
Nachdem der thermische Ausgleich im variszischen Gebirge abgeschlossen war, gab es eine Phase von 10 - 15 Millionen Jahren ohne Magmatismus. Vor ca. 300 Millionen Jahren bildeten sich jedoch wieder zahlreiche magmatische Gesteine, deren Entstehung nicht mehr eine direkte Folge der variszischen Gebirgsbildung sein kann. Kroner und Romer (2013) erklären den post-orogenen Magmatismus durch eine Umstellung der Plattenkinematik: Nachdem die Gebirgsbildungs- und Subduktionsprozesse in Mitteleuropa abgeschlossen waren, setzten sie sich im Mauretanischen Gebirge und in den Appalachen fort, sodass sich die Rotation von Gondwana änderte und Mitteleuropa unter Dehnung geriet. Es entstand die Mitteleuropäische Extensionsprovinz, die durch Bildung großvolumiger magmatischer Gesteine gekennzeichnet ist. In Sachsen entstanden zu dieser Zeit bei Rochlitz und Wurzen zwei Supervulkane, deren Eruptionen mit den Vulkanen vom Yellowstone und Fish Canyon vergleichbar sind. Ihre gewaltigen Calderen enthalten Auswurfprodukte, die noch heute Mächtigkeiten von mehr als 600 Metern erreichen. In dieser Zeit wurde auch das Zentraleuropäische Becken angelegt, welches ganz Norddeutschland einnimmt und in den folgenden 260 Millionen Jahren die Entwicklung des Deckgebirges kontrollierte.
Sedimente aus dieser Phase umfassen alle typischen Fazies des terrestischen Ablagerungsmilieus und sind durch einen hohen Anteil an vulkanischen Geröllen gekennzeichnet.
An der Grenze zum Oberrotliegend endete die vulkanische Aktivität in Sachsen. Die Sedimente bestehen überwiegend aus Fanglomeraten, die in breiten Schuttströmen in alluvialen Ebenen abgelagert wurden. Die Schuttströme haben einen erosiven Kontakt zu den darunterliegenden Gesteinen und arbeiteten diese auf. Die Oberrotliegendsedimente werden von Sedimentgesteinen des kontinentalen Zechsteins überlagert, in welche sie ohne deutliche Grenze übergehen.
Die Sedimente
Das terrestrische Sedimentationsmilieu ist durch häufige Fazieswechsel gekennzeichnet. Sedimente wurden in Flüssen mit veränderlichen Verläufen sowie den dazugehörigen Auen, Überflutungsgebieten und Deltas abgelagert. Außerdem dienten Moore und Seen als Sedimentationsraum. Ein solches Sedimentationsmilieu umfasst überwiegend klastische Sedimente mit einem Wechsel von groben und feinen Korngrößen, aber auch Sedimente wie Kohle und Kalkstein.
Im Karbon befand sich Sachsen in Äquatornähe und in einer Klimazone mit feuchtwarmem Klima. Deshalb konnten Sümpfe mit Sumpfwäldern entstehen, die Steinkohlewälder. Steinkohle hat sich in Sachsen vor allem im Zwickau-Oelsnitz-Becken und im Döhlen-Becken gebildet. Sie verzahnt sich mit klastischen Sedimenten verschiedener Korngrößen aus Schuttfächern und Sümpfen.
Zu Beginn des Perms wurde das Klima arid. Die Sedimentfarbe wechselte von grau nach rot, was dem Rotliegend seinen Namen gab. Die Rotsedimente erhielten ihre Farbe vom Fe2O3, dem Hämatit, der sich bei terrestrischer Ablagerung unter oxidierenden Bedingungen bildet.
Die Sümpfe trockneten aus und die Kohlebildung endete. Die Flüsse waren vor allem während ergiebiger Starkregenereignisse aktiv, arbeiteten in den Trockenzeiten verwittertes Gesteinsmaterial auf und schütteten schlecht sortierte, blockige und lehmhaltige Sedimente. Ein typisches Sedimentgestein dieser Phase ist das Fanglomerat (aus englisch: Fan-Fächer und conglomerate-Konglomerat), ein arider Blocklehm. Die Gerölle sind schlecht gerundet und eine Gradierung in der Korngröße ist meist nicht vorhanden. Das Fanglomerat wird als Abtragungsprodukt von Gesteinen der näheren Umgebung mit kurzen Transportwegen interpretiert. Zwischen den Konglomeraten und Fanglomeraten bildeten sich feinklastische Sedimente in Auen und Seen. Trockneten die Seen aus, bildeten sich Playa-Sedimente mit Salzkrusten.
Die Entwicklung des Rotliegend endete mit der marinen Transgression des Zechsteinmeeres vor ca. 260 Millionen Jahren.
Die Vulkanite
Der Vulkanismus im Permokarbon war überwiegend explosiv. Dabei wurde festes bis halbfestes Material aus hochfluiden und gasreichen heißen Magmen ausgeworfen und anschließend sedimentiert. Solche Gesteine werden als Pyroklastite bezeichnet. In den pyroklastischen Strömen wurden heiße Kristall- und Gesteinsfragmente miteinander verschmolzen. Außerdem bildeten verschmolzene Bimssteinpartikel typische mehrere Zentimeter große Schlieren im Gestein, die Fiamme. Diese Gesteine werden als Ignimbrite bezeichnet. Sie sind typisch für Explosionen, bei denen die Magmenkammer plötzlich entleert wird. Daraufhin bricht das über der Magmenkammer befindliche Gebirge meist ein, sodass sich Calderen, große Einbruchskrater, bilden. In Sachsen sind die Tharandt-, Teplice-, Rochlitz- und Wurzen-Caldera erhalten.
Bei den großen vulkanischen Eruptionen werden auch Aschen im Umkreis von mehreren Zehner Kilometern durch die Luft verfrachtet und rieseln dann auf den Erdboden herab. Bei diesem Prozess entstandene Gesteine werden als Tuffe bezeichnet und bedecken die gesamte Landschaft um einen Vulkan. Während des Lufttransports können die Bestandteile des Vulkanits abkühlen, sodass die Korngrenzen eines Tuffs nicht mehr verschmolzen sind. Tuffe sind häufig gut sortierte Gesteine, da schwere Bestandteile schneller absinken als leichte. Sie kommen im Döhlen- und im Chemnitz-Becken vor.
Auch subvulkanische Gesteine kann man häufig finden. Das sind Gesteine, welche die Erdoberfläche nicht erreichten und kurz unter ihr kristallisierten. Sie können die Füllung von vulkanischen Förderspalten sein, bauten aber auch ein großräumiges und verzweigtes System aus steilstehenden und flachliegenden Gängen auf. Sie weisen häufig grobe Einspenglinge auf, welche richtungslos in einer feinen Grundmasse schwimmen. Aufgrund dieser Besonderheit werden die Gesteine als Granitporphyr bezeichnet, was eine Mischung aus einer plutonischen Gesteinsbezeichnung (Granit) und einer vulkanischen Gesteinsbezeichnung (Porphyr) ist.
Vergesellschaftung von Sedimenten und Vulkaniten
Die Sedimente und Vulkanite treten meist gemeinsam auf, wechseln sich ab oder sind sogar miteinander verzahnt. Das liegt einerseits daran, dass Vulkanite bei Eruptionen in die Sedimentbecken eingetragen wurden. Andererseits entstanden mit den vulkanischen Calderen auch neue Becken, in welchen in Pausen der vulkanischen Aktivität Sedimente abgelagert wurden. Da sich eine einzelne Tufflage bei einem vulkanischen Ereignis bildet und die gesamte Erdoberfläche in ihrem Verbreitungsgebiet überdeckt, kann sie als Markerhorizont in den Sedimentbecken dienen. Anhand von Tufflagen lassen sich Sedimente in unterschiedlichen räumlich getrennten Ablagerungsgebieten zeitlich korrelieren. Ist ein Tuff mit den Mitteln der radiometrischen Altersbestimmung datierbar, liefert er auch ein absolutes Alter für die Bildung des Sedimentbeckens.
Gesteine des Übergangsstockwerks erleben
Quellenangaben
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