Erdbebenüberwachung
Schnellzugriff auf häufig gefragte Dienste
Themen
Seismologische Netzwerke
Erdbeben werden von Seismometern registriert. Ein Seismometer ist ein Gerät, welches Bodenerschütterungen von Erdbeben und anderen seismischen Wellen aufzeichnen kann. Es besteht aus einer Masse, die an einer Federaufhängung gelagert ist. Während sich die Bodenbewegung auf das Gehäuse des Instrumentes überträgt, bleibt die Masse aufgrund ihrer Trägheit in Ruhe. Die Relativbewegung des Bodens kann damit als Längenänderung im Zeitverlauf gemessen werden. Da sich die Erdbebenwellen im Erdinneren ausbreiten, kann ein Verbund von mehreren Seismometern verwendet werden, um die Lage eines Erdbebenherdes und die Stärke eines Bebens zu bestimmen. Deshalb gibt es weltweit Netze aus seismologischen Stationen.
Seismische Überwachung in Mitteldeutschland
In Mitteldeutschland wird die staatliche Erdbebenüberwachung im Einvernehmen mit den seismologisch tätigen Observatorien und Einrichtungen in dem »Seismologie-Verbund zur Erdbebenbeobachtung in Mitteldeutschland« praktiziert, der die vorhandenen Erfahrungen und Kenntnisse sowie die bestehenden seismologischen Observatorien und Stationen nutzt. Das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) übernimmt dabei die Koordination innerhalb des Seismologie-Verbundes und ist offizieller Ansprechpartner für staatliche und öffentliche Stellen.
Im Seismologie-Verbund sind juristisch und finanziell unabhängige Institutionen mit dem Ziel vereinigt, die regionalseismologischen Arbeiten in Sachsen zu koordinieren, das vorhandene Beobachtungsnetz zu erhalten und gezielt auszubauen.
Im Rahmen des Seismologie-Verbundes zur Erdbebenbeobachtung in Mitteldeutschland werden die Aufzeichnungen der seismologischen Überwachungsnetze automatisch erfasst. Dafür werden für die Region Mitteldeutschland/Nord-Westböhmen die Signale von ca. 50 seismischen Messstationen kontinuierlich automatisch registriert und ausgewertet. Dies geschieht mit Hilfe eines automatischen Ortungssystems, mit dem sich die Parameter von Erdbeben umgehend ermitteln lassen. Die hohe Dichte an seismischen Stationen garantiert eine hohe Ortungsgenauigkeit.
Ermittelt werden folgende Parameter:
- das Herdgebiet (Region des Bebens)
- die Herdzeit (Beginn des Bebens)
- die vorläufige Magnitude (Stärke des Bebens
Die automatisch gemeldeten Ereignisse ab einer Magnitude von 2.5 erscheinen auf der gemeinsamen Internetseite des Seismologie-Verbundes. Die automatisch ermittelten Parameter sind erst abgesichert, wenn sie von einem Seismologen bestätigt wurden.
Ist die manuelle Bestätigung durch einen Seismologen erfolgt, sind das Beben und die Parameter in der vorläufigen Liste der Erdbebendaten des Sachsen-Netzes und auf der gemeinsamen Internetseite des Seismologie-Verbundes zu finden, gleichzeitig entfällt die Anzeige des automatisch ermittelten Ereignisses.
- Ausbau, Optimierung und Betrieb eines seismischen Stationsnetzes
- schnelle Bestimmung von Epizentren, Magnituden und weiteren Herdparametern bei stärkeren Ereignissen
- Vermittlung aktueller Informationen an staatliche Stellen, Medien und die Bevölkerung
- Monitoring seismisch aktiver Gebiete zur Verbesserung der Datenbasis für Risikoanalysen sowie zur Erstellung von Seismizitätskarten
- Aussagen zu standortspezifischen seismischen Risiken und ingenieurseismologische Untersuchungen
- Untersuchung von tektonisch aktiven Gebieten und Krustendeformationen
- Untersuchungen zum Einfluss von Windkraftanlagen auf seismologische Messungen
Neben dem Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie gehören folgende Institutionen und Einrichtungen zum Seismologie-Verbund:
- Landesamt für Geologie und Bergwesen in Sachsen-Anhalt
- Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie
- Universität Leipzig mit dem Geophysikalischen Observatorium Collm
- TU Bergakademie Freiberg mit dem Seismologischen Observatorium Berggießhübel
- Friedrich-Schiller Universität Jena mit dem Seismologischen Observatorium Moxa
- TU Dresden, Institut für Planetare Geodäsie
- Wismut GmbH
- Landestalsperrenverwaltung Sachsen
Verschiedene interaktive Karten und Tabellen zum Thema Seismologie können auf dem Daten- und Kartenserver Antares angesehen werden, z.B.:
- Karte mit den seismischen Stationen
- Liste seismischer Ereignisse seit 2009
- Karte seismischer Ereignisse des letzten Jahres
- Karte seismischer Ereignisse größer Magnitude 2
Seit 1998 werden die Arbeitsergebnisse des Seismologie-Verbundes in Form von Zwei- und Dreijahresberichten zur Erdbebenbeobachtung veröffentlicht. Die Veröffentlichungen unter dem Stichwort Erdbebenbeobachtung auf dem Sächsischen Publikationsserver zu finden.
Seismische Überwachung in Sachsen
Die seismischen Stationen in Sachsen werden im Rahmen des Seismologischen Sachsennetzes (SXNET) durch das LfULG aufgerüstet und betrieben. Das Sachsennetz besteht aus zwei unabhängigen Netzen: einem online-Netz und einem offline-Netz.
Das Online-Netz wird vom Institut für Geophysik und Geologie der Universität Leipzig betreut. Es besteht derzeit (Stand 2016) aus 10 sächsischen Stationen und 3 Stationen vom Landesamt für Bergwesen und Geologie in Sachsen-Anhalt, die direkt ihre Daten in das Datenzentrum an der Universität Leipzig übertragen. Damit sind sofortige Informationen über seismische Ereignisse möglich, und die Daten werden aktuell im Internet bereitgestellt. Die Ausrüstung der Stationen ist zum Deutschen Seismologischen Regionalnetz kompatibel, und der erforderliche Datenaustausch ist dadurch möglich.
- Stationen des Online-Netzes (*.pdf, 0,13 MB) Stand: Dezember 2015
Das Offline-Netz besteht derzeit aus 13 mobilen Stationen. Die mobilen Stationen registrieren autonom, wenn am jeweiligen Standort ein vorher festgelegter Schwellenwert der Bodenerschütterung überschritten wird. Die Daten müssen ca. alle 2 Monate (im Bedarfsfall auch eher) abgeholt und bearbeitet werden. Mit diesem Netz werden gezielte Auswertungen zu bestimmten Standorten, zur Herdlokalisierung und zur Ausbreitung und Untersuchung der Erdbebenwellen vorgenommen.
- Stationen des Offline-Netzes (*.pdf, 0,15 MB) Stand: Dezember 2015
Geodätisches Überwachungsnetz im Vogtländischen Bebengebiet
Für die Untersuchung von Erdbeben ist die zeitliche Veränderung der Geometrie der Erdoberfläche von besonderem Interesse. Daher wurde bereits im Sommer 1994 durch die TU Dresden mit der Anlage eines geodätischen Überwachungsnetzes im oberen Vogtland begonnen.
Das geodätische Überwachungsnetzwerk erstreckt sich im Norden beginnend von Falkenstein bis nach Carlsfeld im Erzgebirge, entlang der Grenze zur Tschechischen Republik und über Schönberg im Süden bis nach Eichigt im Westen. Seine Ausdehnung beträgt in Nord-Süd-Richtung etwa 35 Kilometer und in West-Ost-Richtung etwa 30 Kilometer.
Es umfasst 16 Punktgruppen und überdeckt nahezu vollständig den sächsischen Teil der Bebenregion Vogtland/NW-Böhmen. Jede Punktgruppe besteht mindestens aus drei einzelnen, zumeist unterirdischen Messpunkten, um eventuelle lokale Veränderungen eines Punktes sicher erkennen zu können.
Seit Aufbau des Netzes wurden insgesamt 6 Messkampagnen durchgeführt und die Ergebnisse miteinander verglichen. Die Messungen erfolgten sowohl in Zeiten mit geringer seismischer Aktivität (1994-2000) als auch während und nach dem Erdbebenschwarm 2000 mit starker Erdbebentätigkeit. Aus dem Vergleich aufeinanderfolgender GPS-Messkampagnen sind zeitliche Geometrieänderungen der Erdoberfläche ableitbar.
Eine Zusammenfassung der korrigierten Werte aller Messkampagnen zeigt, dass die relativen Bewegungen der Punkte im Betrag kleiner als 0,4 mm/Jahr sind. Im Zeitraum von 1994 bis 2007 wurden damit im Untersuchungsgebiet (durch Erdbeben verursachte) Geometrieänderungen von unter 1 cm nachgewiesen, die jedoch nicht gerichtet sind.
Eine Auswertung aller Messkampagnen zeigt, dass die relativen Bewegungen der Punkte im Betrag kleiner als 0,4 mm/Jahr sind. Im Zeitraum von 1994 bis 2007 wurden damit im Untersuchungsgebiet durch Erdbeben verursachte Geometrieänderungen von unter 1 cm nachgewiesen, die jedoch nicht gerichtet sind.
Für eine hohe zeitliche Auflösung eventuell vorhandener Deformationsprozesse ist dieses Netz nur bedingt geeignet, da die einzelnen Messpunkte diskontinuierlich beobachtet wurden.
Um eine rezente Krustendeformationen mit einer hohen zeitlichen Auflösung erfassen zu können, wurden im Jahr 2000 kontinuierliche Messungen an zwei GPS-Permanentstationen durchgeführt. Die beiden südlich von Falkenstein gelegenen Stationen Neustadt und Grünbach registrierten auf einer Basislänge von 2,6 km mögliche Bewegungen in Richtung Nord bzw. Ost und in der Höhe im Bereich weniger Millimeter.
Änderungsraten (Trend) der Nord-, Ost- und Höhenkomponente des Vektors Neustadt – Grünbach im topozentrischen Koordinatensystem.
Weitere Informationen zum geodätischen Überwachungsnetz finden Sie im Zweijahresbericht 2000-2001 und im Dreijahresbericht 2004-2006.