Das Quartär
Von der Eiszeit zum Zeitalter des Menschen
Der bereits im Tertiär zu verzeichnende Trend stetiger Abkühlung setzte sich im Quartär massiv fort und gipfelte in der großflächigen Vereisung Europas.
Die Grenzziehung zwischen Tertiär und Quartär wird für Sachsen in die Schichtlücke zwischen den Ablagerungen der Senftenberger und der Bautzener Elbe gelegt. Über mehrere Millionen Jahre verlagerte sich die Elbe immer weiter Richtung Westen. Anhand der Fundlokalitäten ihrer Sedimente werden die weiteren Läufe als Schildauer, Schmiedeberger, Streumener (frühelsterzeitlich) und Berliner Elbe (frühsaalezeitlich) bezeichnet. Neben den Elbablagerungen sind die sedimentären Zeugnisse weiterer Flüsse, z. B. Saale, Mulde, Zschopau und Neiße, überliefert. Sie setzten ihre Abtragungsprodukte – Schotter und Sande – außerhalb der vergletscherten Regionen in kaltzeitlichen Flussterrassen ab. Diese Terrassen liegen höher als der heutige Talboden, da sich die Flüsse nach und nach immer tiefer in die Landoberfläche einschnitten.
Der Wechsel von Eiszeiten und Warmzeiten in Sachsen
Während der Elster-Kaltzeit reichte das aus Skandinavien vorstoßende Inlandeis mit seiner maximalen Ausdehnung bis südlich Dresden, sodass Sachsen zu dieser Zeit fast vollständig von den Gletschermassen bedeckt war.
Die Vereisungsphasen wurden durch kurzzeitige Interstadiale oder länger währende Interglaziale immer wieder unterbrochen. Während dieser Warmzeiten zog sich das Inlandeis nach Norden zurück. Die Ausbreitung kältetoleranter Pflanzen konnte durch Pollenanalysen nachgewiesen werden.
Auf die Elster-Kaltzeit folgten mehrere Warm- und Kaltzeitwechsel: Holstein-Warmzeit, Saale-Komplex mit mindestens drei Vereisungsphasen, Eem-Warmzeit und Weichsel-Kaltzeit. Mit jeder Vereisungsphase verringerte sich die Ausbreitung des Inlandeises, sodass sich dessen Südgrenze immer weiter nach Norden verlagerte. Die Eismassen der Weichsel-Kaltzeit erreichten Sachsen bereits nicht mehr.
Die Gesteinsbildungen der eiszeitlichen Gletscher
Vorstoß und Rückzug der Inlandeismassen modellierten die damalige Landoberfläche neu. Ihre Zeugnisse prägen noch heute unsere Landschaft und werden als glaziale Serie bezeichnet.
Die präglazialen Sedimente Sachsens entstanden in einer besonderen hydrologischen Situation: Seit dem Tertiär wurden die heutigen Mittelgebirge gehoben. Sie entwässerten durch zahlreiche Flusstäler nach Norden. Als die Inlandeisgletscher nach Süden vordrangen, versperrten sie den Ablfuss. Deshalb bildeten sich große Eisstauseen, z.B. in der Leipziger Tieflandsbucht einer, welcher aus Saale, Weißer Elster, Pleise und Wyhra gespeist wurde. Ein weiterer gut untersuchter Stausee bei Chemnitz hatte eine geschätzte Länge von 15 Kilometern und eine Tiefe von 30 Metern. In den Eisstaubecken lagerten sich schluffige Feinsande, Mittelsande sowie Bändertone mit scharfen Wechseln von dunklen Ton- und hellen Schlufflagen ab, die als Beckenablagerungen bezeichnet werden. Mit fortschreitendem Vordringen des Inlandeises wurden immer höher gelegene Mittelgebirgsflüsse in ihren Tälern aufgestaut.
Am Boden der Gletscher wurde mittransportiertes Gesteinsmaterial als Grundmoräne abgesetzt. Die typischen Sedimente der Grundmoräne sind Geschiebemergel und Geschiebelehm. Dabei handelt es sich um schlecht sortierte Gemische aus Gesteins- und Mineralbruchstücken in einer meist bindigen Grundmasse, die von Ton bis hin zu großen Gesteinsblöcken alle Korngrößen enthalten können. Die charakteristischen Geschiebe sind kleine bis große Steine, die ihren Ursprung in Skandinavien und Norddeutschland haben. Die Geschiebe erreichen mitunter beachtliche Größen. Einzelne größere Geschiebe prägen vielerorts als sogenannte Findlinge die Landschaft. Eine beeindruckende Vielfalt solcher Findlinge kann man im Findlingspark Nochten bestaunen.
Am Rande der Gletscher wurde das mittransportierte Material sowie durch den Druck der Eismassen aufgepresstes Gestein des Untergrundes in langgestreckten Höhenrücken parallel zum Eisrand als Endmoränen abgelagert. Ein markantes Beispiel ist der Muskauer Faltenbogen.
Das abschmelzende Gletschereis lagerte ausgespülte Schmelzwassersedimente breitflächig-fächerförmig vor dem Eisrand ab. Diese Sander sind heutzutage in Form unserer Heidelandschaften, z. B. der Dübener Heide und der Königsbrücker Heide, erhalten.
Die Schmelzwässer sammelten sich in Flusssystemen, die in den sogenannten Urstromtälern kumulierten und in Richtung Nordsee abflossen (z. B. Lausitzer Urstromtal).
Pleistozäne Bildungen außerhalb der Gletscher
Im Vorland der Gletscher erodierten kalte Fallwinde die weitgehend karge Landoberfläche und transportierten feines Gesteinsmaterial bis in die Mittelgebirgsregionen. Infolge mehrfacher Umlagerung des kalkhaltigen Feinmaterials durch Wind und Wasser entstand der sächsische Lössgürtel, welchem u. a. die fruchtbaren Regionen um Mittweida und Lommatzsch angehören. Fein- und Mittelsande wurden zum Teil flächenhaft als Flugsande oder hügelartig als Dünen aufgeweht.
Außerhalb der vergletscherten Regionen schufen Wechsel von Frost und Tauen verschiedene Deckenbildungen, z. B. Hanglehm, Fließerde und Blockschutt, an den Hängen der Mittelgebirge.
Die vorrückenden Inlandeismassen übten einen enormen Druck auf den Untergrund aus und bedingten glazitektonische Störungen in Form von Aufpressungen, Scherungen, Überschiebungen, Verschuppungen und Faltenbildungen, die teilweise bis in Tiefen von mehr als 200 m reichen. Einige der bereits bestehenden, endogen-tektonischen Störungssysteme wurden durch die Eisauflast reaktiviert.
Dauerfrostböden und Tauprozesse beeinflussten vor allem das Gefüge der oberflächennahen Gesteine (Kryoturbationsprozesse). Es entstanden Brodel-, Girlanden- und Tropfenböden, Eiskeilpseudomorphosen, Gleitschollen, Fließfalten und Brekzien.
Gesteine des Holozäns
Vor 11.700 Jahren begann das Holozän. Seit dem Ende der letzten Weichselvereisung entwickelte sich eine warmzeitlich geprägte Landschaft, die zunehmend durch menschliche Eingriffe beeinflusst und gestaltet wurde. In dieser geologisch sehr kurzen Zeitetappe wurde ein vielfältiges Spektrum an Sedimenten gebildet, welches Böden, Moore und Flussauen mit einschließt, aber auch anthropogene Ablagerungen wie Halden und Kippen.
Gesteine des Quartärs erleben
Weiterführende Literatur
Kupetz, A., Kupetz, M. (2009): Der Muskauer Faltenbogen. Wanderungen in die Erdgeschichte 24, 224 S.
Meller, H. & Puttkammer, T. (2017): Klimagewalten - Treibende Kraft der Evolution - Begleitband zur Sonderausstellung im Landesmuseum für Vorgeschichte Halle (Saale) 30. November 2017 bis 21. Mai 2018. Landesamt f. Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Landesmuseum f. Vorgeschichte, Halle (Saale), 447 S.
Stackebrandt, W. (2018): Mehr als nur „die Streusandbüchse“ - Zur Erdgeschichte von Brandenburg. geogen (Eigen-)Verlag, Potsdam, 136 S.
Wolf, L., Alexowsky, W. (2008): Quartär. In: Pälchen, W., Walter, H. (Hrsg.). Geologie von Sachsen - Geologischer Bau und Entwicklungsgeschichte. Schweitzerbart Stuttgart, 419-472.