Das Quartär

Von der Eiszeit zum Zeitalter des Menschen

Kleine Moore zählen zu den typischen Sedimentationsräumen im Holozän. Hier wachsen Moose und andere Pflanzen, aus denen sich unter Luftabschluss das organische Sediment Torf bildet.
Kleine Moore zählen zu den typischen Sedimentationsräumen im Holozän. Hier wachsen Moose und andere Pflanzen, aus denen sich unter Luftabschluss das organische Sediment Torf bildet.   © LfULG

Der bereits im Tertiär zu verzeichnende Trend stetiger Abkühlung setzte sich im Quartär massiv fort und gipfelte in der großflächigen Vereisung Europas.

Die Grenzziehung zwischen Tertiär und Quartär wird für Sachsen in die Schichtlücke zwischen den Ablagerungen der Senftenberger und der Bautzener Elbe gelegt. Über mehrere Millionen Jahre verlagerte sich die Elbe immer weiter Richtung Westen. Anhand der Fundlokalitäten ihrer Sedimente werden die weiteren Läufe als Schildauer, Schmiedeberger, Streumener (frühelsterzeitlich) und Berliner Elbe (frühsaalezeitlich) bezeichnet. Neben den Elbablagerungen sind die sedimentären Zeugnisse weiterer Flüsse, z. B. Saale, Mulde, Zschopau und Neiße, überliefert. Sie setzten ihre Abtragungsprodukte – Schotter und Sande – außerhalb der vergletscherten Regionen in kaltzeitlichen Flussterrassen ab. Diese Terrassen liegen höher als der heutige Talboden, da sich die Flüsse nach und nach immer tiefer in die Landoberfläche einschnitten.

Karte des Quartärs.
Verbreitung quartärer Sedimente in Sachsen.  © LfULG
Normalprofil des Quartärs.
Die hier dargestellte Tabelle zeigt eine Zusammenfassung der erdgeschichtlichen Entwicklung und markanter Sedimentschichten während des Quartärs. Sie basiert auf der Stratigraphischen Tabelle von Deutschland (2016). Die Zeitskala ist maßstabsfrei.   © LfULG

Der Wechsel von Eiszeiten und Warmzeiten in Sachsen

Während der Elster-Kaltzeit reichte das aus Skandinavien vorstoßende Inlandeis mit seiner maximalen Ausdehnung bis südlich Dresden, sodass Sachsen zu dieser Zeit fast vollständig von den Gletschermassen bedeckt war.

Die Vereisungsphasen wurden durch kurzzeitige Interstadiale oder länger währende Interglaziale immer wieder unterbrochen. Während dieser Warmzeiten zog sich das Inlandeis nach Norden zurück. Die Ausbreitung kältetoleranter Pflanzen konnte durch Pollenanalysen nachgewiesen werden.

Auf die Elster-Kaltzeit folgten mehrere Warm- und Kaltzeitwechsel: Holstein-Warmzeit, Saale-Komplex mit mindestens drei Vereisungsphasen, Eem-Warmzeit und Weichsel-Kaltzeit. Mit jeder Vereisungsphase verringerte sich die Ausbreitung des Inlandeises, sodass sich dessen Südgrenze immer weiter nach Norden verlagerte. Die Eismassen der Weichsel-Kaltzeit erreichten Sachsen bereits nicht mehr.

Die Gesteinsbildungen der eiszeitlichen Gletscher

Durch Vorstoß und Rückzug mächtiger Inlandeismassen im Pleistozän entstand eine typische Landschaftsabfolge, die als glaziale Serie bezeichnet wird.
Durch Vorstoß und Rückzug mächtiger Inlandeismassen im Pleistozän entstand eine typische Landschaftsabfolge, die als glaziale Serie bezeichnet wird.   © LfULG

Vorstoß und Rückzug der Inlandeismassen modellierten die damalige Landoberfläche neu. Ihre Zeugnisse prägen noch heute unsere Landschaft und werden als glaziale Serie bezeichnet.

Die präglazialen Sedimente Sachsens entstanden in einer besonderen hydrologischen Situation: Seit dem Tertiär wurden die heutigen Mittelgebirge gehoben. Sie entwässerten durch zahlreiche Flusstäler nach Norden. Als die Inlandeisgletscher nach Süden vordrangen, versperrten sie den Ablfuss. Deshalb bildeten sich große Eisstauseen, z.B. in der Leipziger Tieflandsbucht einer, welcher aus Saale, Weißer Elster, Pleise und Wyhra gespeist wurde. Ein weiterer gut untersuchter Stausee bei Chemnitz hatte eine geschätzte Länge von 15 Kilometern und eine Tiefe von 30 Metern. In den Eisstaubecken lagerten sich schluffige Feinsande, Mittelsande sowie Bändertone mit scharfen Wechseln von dunklen Ton- und hellen Schlufflagen ab, die als Beckenablagerungen bezeichnet werden. Mit fortschreitendem Vordringen des Inlandeises wurden immer höher gelegene Mittelgebirgsflüsse in ihren Tälern aufgestaut.

Am Boden der Gletscher wurde mittransportiertes Gesteinsmaterial als Grundmoräne abgesetzt. Die typischen Sedimente der Grundmoräne sind Geschiebemergel und Geschiebelehm. Dabei handelt es sich um schlecht sortierte Gemische aus Gesteins- und Mineralbruchstücken in einer meist bindigen Grundmasse, die von Ton bis hin zu großen Gesteinsblöcken alle Korngrößen enthalten können. Die charakteristischen Geschiebe sind kleine bis große Steine, die ihren Ursprung in Skandinavien und Norddeutschland haben. Die Geschiebe erreichen mitunter beachtliche Größen. Einzelne größere Geschiebe prägen vielerorts als sogenannte Findlinge die Landschaft. Eine beeindruckende Vielfalt solcher Findlinge kann man im Findlingspark Nochten bestaunen.

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Ein typisches Ablagerungsprodukt der kaltzeitlichen Gletscher ist der Geschiebelehm. Durch Ausschmelzen des vom Eis transportierten Materials an der Gletschersohle entsteht ein Gemisch aus Gesteins- und Mineralbruchstücken in einer meist bindigen Grundmasse.

Ein typisches Ablagerungsprodukt der kaltzeitlichen Gletscher ist der Geschiebelehm. Durch Ausschmelzen des vom Eis transportierten Materials an der Gletschersohle entsteht ein Gemisch aus Gesteins- und Mineralbruchstücken in einer meist bindigen Grundmas
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In den eiszeitlichen Geschiebemergeln kann man ein großes Spektrum an Gesteinen aus Skandinavien, die mit dem Eis nach Mitteleuropa verfrachtet wurden, finden. Diese werden aufgrund ihrer optischen Vielfalt gerne auch als Bausteine, wie hier z.B. als Gehwegplatten, verwendet.

In den eiszeitlichen Geschiebemergeln kann man ein großes Spektrum an Gesteinen aus Skandinavien, die mit dem Eis nach Mitteleuropa verfrachtet wurden, finden. Diese werden aufgrund ihrer optischen Vielfalt gerne auch als Bausteine, wie hier z.B. als Gehw
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Im Findlingspark Nochten kann man die große Vielfalt der eiszeitlichen Geschiebe in einer liebevoll gestalteten Gartenlandschaft bewundern.

Im Findlingspark Nochten kann man die große Vielfalt der eiszeitlichen Geschiebe in einer liebevoll gestalteten Gartenlandschaft bewundern.

Am Rande der Gletscher wurde das mittransportierte Material sowie durch den Druck der Eismassen aufgepresstes Gestein des Untergrundes in langgestreckten Höhenrücken parallel zum Eisrand als Endmoränen abgelagert. Ein markantes Beispiel ist der Muskauer Faltenbogen.

Das abschmelzende Gletschereis lagerte ausgespülte Schmelzwassersedimente breitflächig-fächerförmig vor dem Eisrand ab. Diese Sander sind heutzutage in Form unserer Heidelandschaften, z. B. der Dübener Heide und der Königsbrücker Heide, erhalten.

Die Schmelzwässer sammelten sich in Flusssystemen, die in den sogenannten Urstromtälern kumulierten und in Richtung Nordsee abflossen (z. B. Lausitzer Urstromtal).

Pleistozäne Bildungen außerhalb der Gletscher

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Bänderschluffe sind typische Sedimente der Eisstauseen, die sich während der Kaltzeiten vor den Gletschermassen bildeten. Im Wechsel der Jahreszeiten veränderte sich der Sedimenteintrag in den See, was wir heute als typische Bänderung erkennen.

Bänderschluffe sind typische Sedimente der Eisstauseen, die sich während der Kaltzeiten vor den Gletschermassen bildeten. Im Wechsel der Jahreszeiten veränderte sich der Sedimenteintrag in den See, was wir heute als typische Bänderung erkennen.
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An den Hängen der Mittelgebirge entstanden durch den Wechsel von Frost und Tauen Decken von Hanglehm. Diese sind schlecht sortiert mit Bestandteilen unterschiedlicher Korngrößen.

An den Hängen der Mittelgebirge entstanden durch den Wechsel von Frost und Tauen Decken von Hanglehm. Diese sind schlecht sortiert mit Bestandteilen unterschiedlicher Korngrößen.
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Auch Hangschutt, der aus großen und nicht gerundeten Blöcken besteht, zählt zu den typischen pleistozänen Sedimenten, die sich außerhalb der Gletscher bildeten.

Auch Hangschutt, der aus großen und nicht gerundeten Blöcken besteht, zählt zu den typischen pleistozänen Sedimenten, die sich außerhalb der Gletscher bildeten.
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Die während des Pleistozäns vorrückenden Gletscher übten einen gewaltigen Druck auf den Untergrund aus. Dieser führte unter anderem zur Faltung der tertiären Sedimente. Rechts in der Abbildung ist die beginnende Faltung eines Braunkohlenflözes erkennbar.

Die während des Pleistozäns vorrückenden Gletscher übten einen gewaltigen Druck auf den Untergrund aus. Dieser führte unter anderem zur Faltung der tertiären Sedimente. Rechts in der Abbildung ist die beginnende Faltung eines Braunkohlenflözes erkennbar.

Im Vorland der Gletscher erodierten kalte Fallwinde die weitgehend karge Landoberfläche und transportierten feines Gesteinsmaterial bis in die Mittelgebirgsregionen. Infolge mehrfacher Umlagerung des kalkhaltigen Feinmaterials durch Wind und Wasser entstand der sächsische Lössgürtel, welchem u. a. die fruchtbaren Regionen um Mittweida und Lommatzsch angehören. Fein- und Mittelsande wurden zum Teil flächenhaft als Flugsande oder hügelartig als Dünen aufgeweht.

Außerhalb der vergletscherten Regionen schufen Wechsel von Frost und Tauen verschiedene Deckenbildungen, z. B. Hanglehm, Fließerde und Blockschutt, an den Hängen der Mittelgebirge.

Die vorrückenden Inlandeismassen übten einen enormen Druck auf den Untergrund aus und bedingten glazitektonische Störungen in Form von Aufpressungen, Scherungen, Überschiebungen, Verschuppungen und Faltenbildungen, die teilweise bis in Tiefen von mehr als 200 m reichen. Einige der bereits bestehenden, endogen-tektonischen Störungssysteme wurden durch die Eisauflast reaktiviert.

Dauerfrostböden und Tauprozesse beeinflussten vor allem das Gefüge der oberflächennahen Gesteine (Kryoturbationsprozesse). Es entstanden Brodel-, Girlanden- und Tropfenböden, Eiskeilpseudomorphosen, Gleitschollen, Fließfalten und Brekzien.

Gesteine des Holozäns

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In Talauen mit ihren typischen Auensedimenten und -böden bildet sich eine spezielle Vegetation aus, die sich von jener der umliegenden Talflanken unterscheidet.

In Talauen mit ihren typischen Auensedimenten und -böden bildet sich eine spezielle Vegetation aus, die sich von jener der umliegenden Talflanken unterscheidet.
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(© LfULG)

Bodenprofil mit Braunerde.

Bodenprofil mit Braunerde
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Auf Bergbauhalden wird vom Menschen das Umgebungsgestein des abgebauten Rohstoffes aufgeschüttet. Dabei werden verschiedene Gesteine aus ihrem natürlichen Verband gerissen und vermischt. In dieser anthropogenen Aufschüttung sind z.B. tertiäre Kohle (Bildmitte, schwarz) und pleistozäne Geschiebe (Gerölle und großer Block im oberen Drittel) gemeinsam abgelagert worden.

Auf Bergbauhalden wird vom Menschen das Umgebungsgestein des abgebauten Rohstoffes aufgeschüttet. Dabei werden verschiedene Gesteine aus ihrem natürlichen Verband gerissen und vermischt. In dieser anthropogenen Aufschüttung sind z.B. tertiäre Kohle (Bildm

Vor 11.700 Jahren begann das Holozän. Seit dem Ende der letzten Weichselvereisung entwickelte sich eine warmzeitlich geprägte Landschaft, die zunehmend durch menschliche Eingriffe beeinflusst und gestaltet wurde. In dieser geologisch sehr kurzen Zeitetappe wurde ein vielfältiges Spektrum an Sedimenten gebildet, welches Böden, Moore und Flussauen mit einschließt, aber auch anthropogene Ablagerungen wie Halden und Kippen.

Gesteine des Quartärs erleben

Stengelhaide

Zinnwald-Georgenfeld

Klein Skandinavien

Hohburger Berge

Geopark Muskauer Faltenbogen

Abgestorbene Baumstämme im Restsee eines Bergbaus

Weiterführende Literatur

Kupetz, A., Kupetz, M. (2009): Der Muskauer Faltenbogen. Wanderungen in die Erdgeschichte 24, 224 S.

Meller, H. & Puttkammer, T. (2017): Klimagewalten - Treibende Kraft der Evolution - Begleitband zur Sonderausstellung im Landesmuseum für Vorgeschichte Halle (Saale) 30. November 2017 bis 21. Mai 2018. Landesamt f. Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Landesmuseum f. Vorgeschichte, Halle (Saale), 447 S.

Stackebrandt, W. (2018): Mehr als nur „die Streusandbüchse“ - Zur Erdgeschichte von Brandenburg. geogen (Eigen-)Verlag, Potsdam, 136 S.

Wolf, L., Alexowsky, W. (2008): Quartär. In: Pälchen, W., Walter, H. (Hrsg.). Geologie von Sachsen - Geologischer Bau und Entwicklungsgeschichte. Schweitzerbart Stuttgart, 419-472.

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